SPRACHPÄDAGOGISCHES KONZEPT

1. Leitbild
Der Večjezični otroški vrtec / Mehrsprachiger Kindergarten / Scuola materna Ringa raja in Ledenitzen/Ledince bietet Kindern im Vorschulalter die Möglichkeit, in einer ungezwungenen Atmosphäre frühestmöglich beide Landessprachen (Slowenisch und Deutsch) sowie die Nachbarsprache Italienisch spielerisch zu erlernen. Der Kindergarten versteht sich als Ergänzung und Unterstützung der Erziehung in der Familie nach sozialen, ethischen und christlichen Gesichtspunkten. In sprachlicher Hinsicht sollen die vom Kindergarten angebotenen Sprachen optimal gefördert werden. Die Kinder werden gezielt in ihrer sozialen, motorischen, musisch-kreativen sowie sprachlichen Entwicklung in drei Sprachen gefördert. Das Kindergartenpersonal achtet zudem vor allem darauf, dass sich die Kinder in der Gemeinschaft wohlfühlen.
 
2. Profil
Der Večjezični otroški vrtec / Mehrsprachiger Kindergarten / Scuola materna Ringa raja bietet eine mehrsprachige Erziehung ungeachtet der Vorkenntnisse der Kinder an. Das Kind wird sprachlich so gefördert, dass es sich in den Sprachen Slowenisch und Deutsch so weiterentwickelt, um dem zweisprachigen Unterricht folgen bzw. um daran teilnehmen zu können. Die Drittsprache Italienisch ist mit acht Wochenstunden ein Zusatzangebot im Sinne gelebter Mehrsprachigkeit im engeren Alpen-Adria Bereich. Weitere Zusatzangebote sind der jährliche Schi- und Schwimmkurs sowie grenzüberschreitende Projekte mit dem Partnerkindergarten in Kranjska Gora.
 

3. Programm
3.1. Sprachangebot

Im Kindergarten werden die Sprachen Slowenisch und Deutsch in annähernd gleichem Ausmaß angeboten. Italienisch wird vormittags am Montag und am Donnerstag angeboten.

3.2. Tagesstruktur
7.00–8.30 Ankunft im Kindergarten
Die Kinder kommen zu verschiedenen Zeiten. Sprache: „Dobro jutro!”
• Für ein- und zweisprachige Kinder gilt der Morgengruß „Dobro jutro!” (= Ritual). Bei einsprachigen Kindern und Eltern kommt der Gruß „Guten Morgen!” dazu. Am Italienischtag auch „Buon giorno!”.
• Wenn die Eltern gehen, dann wird mit dem Kind meistens ein Einstiegsgespräch gehalten. Je nach dem, welche Kindergärtnerin mit dem Kind spricht, entweder auf Slowenisch oder auf Deutsch. Am Dienstag und am Mittwoch wird dieses Gespräch von unserer Italienisch-Nativespeakerin auf Italienisch geführt. Die Kinder haben bei diesen Gesprächen die freie Sprachwahl.
7.00–9.00 Freie Spielzeit
Freie Spielzeit heißt, dass sich jedes Kind Spiele, Plätze (Raumteile) und Spielpartner selbst auswählen kann. Die Kindergärtnerinnen halten sich im Hintergrund, lassen die Kinder soweit es geht selbständig arbeiten, bieten z.B. für Kleingruppen kreative Tätigkeiten (Werkarbeiten, Malen) an, ein gemeinsames Gesellschaftsspiel, etwas Gemeinsames konstruieren, Bilderbücher vorlesen. Dabei verwenden die Kindergärtnerinnen die von ihnen angebotene Sprache. Ein besonderes Angebot seitens der deutschsprachigen Kindergärtnerin ist, dass sie in der freien Spielzeit mit den slowenischsprachigen Kindern in ihrer Muttersprache spricht. Kinder, die aufs WC müssen, melden sich bei einer Kindergärtnerin mit den Worten „Prosim, na stranišče!” ab.
9.00–9.10 Beendigung der freien Spielzeit
Beendet wird die freie Spielzeit mit einem Lied, das auf der Gitarre begleitet wird. (Nur slowenisch, außer die Italienisch-Nativespeakerin fügt „Mettiamo a posto!” hinzu.)
9.10–9.45 Jause
Die Kinder setzen sich zu den Tischen auf ihren eigenen Platz für Mahlzeiten. Eine Kindergärtnerin fordert die Kinder zum Händereichen auf. („Podajmo si roke!”, am Italienischtag „mani”). Nun folgt ein kurzer Jausenspruch (slowenisch oder italienisch). Danach teilt der Tischdienst die Teller aus. Wenn die Kinder Essen (wird vom Kindergarten bereitgestellt) nachholen möchten, gehen sie zum Speisewagen und sagen „Prosim, še!”. Italienisch: „Ancora per favore”.
9.45–10.00 Händewaschen
Die Kinder gehen aufs WC und Hände waschen und treffen sich danach im Gruppenraum im gemeinsamen Kreis.
10.00–10.30 Begegnung
Wir singen gemeinsam ein Lied (slowenisch, italienisch, deutsch). Danach werden die Kinder in zwei Gruppen geteilt (Altersgruppe 5–6 und 3–4). Die slowenisch sprechende Kindergärtnerin begibt sich mit den Kindern in einen Nebenraum. Nun werden in einer Gruppe auf Slowenisch und in einer Gruppe auf Deutsch Spiele, Lieder, Reime, Fingerspiele, Bilderbücher, Geschichten (= Bereiche der Erziehung und Bildung in Absprache der beiden Kindergärtnerinnen, jedoch keine Übersetzungen) erarbeitet oder wiederholt und Gespräche zu bestimmten Themen geführt. Nach ca. zehn Minuten wechseln die Kindergruppen. So erhalten alle Kinder das gleiche sprachliche Angebot, und in der deutlich kleineren Kindergruppe kann besser auf individuelle Bedürfnisse der Kinder eingegangen werden.
An den Italienischvormittagen kommt es zum sprachlichen Angebot: Italienisch–Slowenisch oder Italienisch– Deutsch.
10.30 Anziehen für den Garten
10.30–11.30 Freies Spiel im Garten
Sandspiel, fix installierte Geräte im Garten (Schaukel, Klettergrüst, Rutsche ...), angebotene Bewegungs- und Kreisspiele der Kindergärtnerinnen, Spaziergänge in der Umgebung, in den Wald.
10.30–11.30 Zwischenübungen oder RME/Turnen (Di/Do) und freie Spielzeit. Zwischenübungen, Turnen oder Rhythmik findet jeweils in Teilgruppen im Bewegungsraum statt (12–13 Kinder) und richtet sich nach dem Alter der Kinder.
11.30–11.45 Aufräumen oder Ausziehen, Hände waschen, WC.
11.45–12.15 Mittagessen
Die Kinder erhalten zu Mittag eine warme Mahlzeit und wünschen einander einen guten Appetit auf Slowenisch bzw. Italienisch.
12.15–12.30 WC, Hände waschen.
12.30 Abholzeit für die Vormittagskinder.
12.30–14.00 Mittagsruhe. Zum Einschlafen gibt es eine Geschichte oder Lieder (MC oder CD in allen drei Sprachen).
14.00–16.00
Die Kinder haben Zeit für das freie Spiel. Die Kindergärtnerin (deutsch oder slowenisch) wiederholt Aktivitäten des Vormittages. Um ca. 14.30 gibt es eine kleine Jause. Danach werden die Kinder nach und nach abgeholt.

3.3. Besondere Aktivitäten
• Grenzüberschreitende Projekte mit den Kindergärten in Slowenien und Italien
2001 „Jahr der Sprachen”
- Besuch beim Partnerkindergarten und Faschingsumzug in Tarvis
- „Sommer-Sprachenfest” mit dem Partnerkindergarten aus Tarvis
2002 „Unsere Sinne”
- Austauschbesuche in Tarvis und Slowenien
- Auszeichnung für ein dreisprachiges Projekt mit dem Thema „Tarvis, Fenster Europas”
2003/04 „Die Fäden, die uns verbinden”
2004/05 „Unsere gemeinsamen Wurzeln”

• Grenzüberschreitende Projekte mit dem Kindergarten in Slowenien
2005/06 „Wasser ist Leben”
2006/07 „Wilde Tierzeit”
2007/08 „Der Natur auf der Spur”
2008/09 „Märchen”
2009/10 „Der Bauernhof”
2010/11 „Kultur im Raum Alpen-Adria”
2011/12 „Beziehungen zwischen den Generationen – Oma und Opa”
2012/13 „Musik durchs Jahr”
2013/14 „Berufe”
2014/15 „Der Wald”
2015/16 „Die Jahreszeiten”
2016/17 „Die bunte Welt”
2017/18 „Kinder in der Zeit”
2018/19 „Der blaue Planet”

2019/20 „Mein Zuhause”
2020/21 „Wem gehört die Welt?”
2021/22 „Gesunde Welt”
2022/23 „Unsere Kulinarik”
2023/24 „Theater”
2024/25 „Leben ist Bewegung”



• Gestaltung von Festen für Eltern, Kinder und Kindergärtnerinnen in drei Sprachen, z.B. Familienfest, Sommerfest, Theatervorstellung ...
• Jährlicher Schi- und Schwimmkurs nach Vereinbarung mit unseren Eltern
• Vorschulische Musikerziehung
• Teilnahme beim slowenischen Leseabzeichen.

3.4. Sprachpädagogische Prinzipien

Die drei im Kindergarten gesprochenen Sprachen Slowenisch, Deutsch und Italienisch werden von den Kindergärtnerinnen personenbezogen und von der/vom KindergartenhelferIn situationsbezogen verwendet:
• Eine Kindergärtnerin spricht mit den Kindern fast ausschließlich slowenisch. Nur in Notfällen kann es sein, dass sie auch auf Deutsch reagiert. Allerdings wiederholt sie Lieder und Reime in allen drei Sprachen.
• Eine Kindergärtnerin spricht mit den Kindern fast ausschließlich deutsch, wobei sie während der freien Spielzeit den slowenischsprachigen Kindern auch die slowenische Sprache anbietet. Sie ist aber darauf bedacht, alles, was an ritualisierter Sprache im Kindergarten verwendet wird, nur auf Slowenisch zu sagen. Auch diese Kindergärtnerin wiederholt Lieder und Reime in allen drei Sprachen.
• Die Italienisch-Nativspeakerin, die zweimal in der Woche je einen Vormittag im Kindergarten ist, spricht mit den Kindern ausschließlich italienisch.
• Die Kindergartenhelferin und der Kindergartenhelfer sprechen mit den Kindern situationsbezogen sowohl slowenisch als auch deutsch, wobei er mindestens 50% seiner Anwesenheit slowenisch zu sprechen hat.

3.5. Sprachanwendung durch die Kindergärtnerinnen

• Die Kindergärtnerinnen haben nach Möglichkeit die jeweilige Sprache bewusst anzuwenden und einen Sprachwechsel – besonders von der schwächeren zur stärkeren Sprache – möglichst zu vermeiden.
• Die Sprache ist nach Möglichkeit in natürlicher Weise stark kontextualisiert anzubieten, wobei besonders bei der schwächeren Sprache auf das Sprachniveau der Kinder Rücksicht zu nehmen ist. Speziell in der Anfangsphase nach dem Eintritt in den Kindergarten ist eine sensible Heranführung der Kinder an die schwächere Sprache anzustreben. Die Intonation und Komplexität des Sprachangebots hat zum Ziel, dass die Kinder aus der Situation, der Mimik und Gestik sowie aus dem Vorzeigen den Sinn des Gemeinten ableiten können.
• Bei der Anwendung der slowenischen bzw. italienischen Sprache haben die Kindergärtnerinnen und Nativespeakerin konsequent mit den Kindern slowenisch bzw. italienisch zu sprechen, damit die Kinder die slowenische bzw. italienische Sprache in hinreichendem Ausmaß zu hören bekommen. Dadurch können sie leichter lernen, dem Gesagten einen Sinn zu entnehmen und die Sprachstrukturen zur Bewältigung von speziellen – meist rituell wiederkehrenden – Situationen aufzunehmen.
• Ebenso wird gemäß dem sprachpädgogischen Konzept die vorschulische Musikerziehung in slowenischer Sprache angeboten. Die Musikpädagogin achtet darauf, dass der Wortschatz der slowenischen Sprache bewusst gefördert und gepflegt wird. Der Unterricht soll sich an den Themen des Kindergartenprogrammes orientieren.

3.6. Sprachanwendung durch die Kinder
• Die Kinder haben grundsätzlich das Recht auf freie Sprachenwahl, d.h. sie können selbst entscheiden, in welcher Sprache sie mit dem Fachpersonal kommunizieren.
• Den Kindern ist die Möglichkeit zu geben, die Sprache zunächst passiv zu erlernen, um in weiterer Folge zum aktiven Sprachgebrauch überzugehen.
• Bei der Sprachanwendung ist anzustreben, dass die Kinder nur bei täglich auftretenden, sprachlich immer gleich zu bewältigenden Situationen – ritualisierter Sprache – in slowenischer Sprache und gegebenenfalls in einer dritten Sprache antworten. In allen anderen Situationen hat konsequent die Zielsprache zur Anwendung zu gelangen, wobei die Kinder frei entscheiden können, in welcher Sprache sie antworten wollen.

 
4. Ziel
Nach einem Jahr sollten die Kinder ohne slowenische Vorkenntnisse die im Kindergartenalltag verwendeten slowenischen Äußerungen verstehen, nach zwei bis drei Jahren auch schon einfache Sätze sprechen.